Die überaus wechselvolle Geschichte beginnt am 16.11.1902 . Damals gründeten 26 „Aktive“ und 4 Zöglinge (sie waren noch keine 16 Jahre alt) den Verein.
Im Protokoll vom 08.03.1903 kann man nachlesen:
Wer ohne begründete Entschuldigung die Turnstunde versäumt erleidet eine Geldstrafe von RM 0,10. Kommt er zu spät, muss er sich beim Vorturner melden.
Man war also überaus streng.
Zunächst wurden von den Mitgliedern einfache Turngeräte angefertigt. Die Turnstunden fanden im „Scheid“ statt, wo ein Turnplatz eingeebnet wurde. Nun wurden als Hauptgeräte Reck, Barren und Pferd angeschafft. Aus einem alten Maschinenhaus errichtete man dort 1904 eine „Turnhalle“. Im Winter musste in den Saal Laux ausgewichen werden.
Der Höhepunkt vor dem 1. Weltkrieg war das Gaufest in Münster 1909, bei dem auch die Vereinsfahne geweiht wurde.
Der 1. Weltkrieg brachte dann jegliche Vereinstätigkeit zum Erliegen.
Im März 1919 beginnt man wieder zu turnen.
Anfang 1923 beklagte man sich über einen sehr mäßigen Turnbetrieb.
Der monatliche Beitrag betrug 500,00 Mark. Man zählte 108 Mitglieder.
Im gleichen Jahr scheiterte eine Vereinigung mit dem „Sportverein 1899“.
1925 wurde eine Faustballmannschaft gebildet.
Die Damen begannen im gleichen Jahr zu turnen.
1927 feierte man das 25-jährige Jubiläum.
Das Weilburger Tageblatt schrieb am 04.Juli u.a:
6 auswärtige Vereine waren erschienen. Mittags fand ein Festzug statt, an dem auch die noch lebenden 4 Gründer des Vereins teilnahmen. Mustergültige Freiübungen des Festgebenden Vereins wie tadelloses Reckturnen des Turnvereins Camberg schlossen sich an. Auf dem Festplatze entwickelte sich ein frohes Miteinander, das die Jünger Jahns lange beisammen hielt.
Bau einer Turnhalle:
1927 beschloss man eine Turnhalle zu bauen.
Es wurde eine Holzbaracke in Worms gekauft, ließ sie mit Hilfe von Vereinsmitgliedern dort abbrechen und „nagelfrei“ zur Bahnstation nach Oberbrechen liefern. (Nach Niederselters bestand zu dieser Zeit noch keine befahrbare Straße).
Die Grundsteinlegung fand am 05.08.1928 statt.
Hunderte von Fahrten mit Pferdefuhrwerken waren nötig, um die Holzbalken und Bimssteine von Oberbrechen und den Splitt von Weyer nach Münster zu transportieren. Alle Fahrten wurden von den Mitgliedern (unendgeldlich versteht sich)
durchgeführt. Das Fachwerk wurde in Eigenhilfe aufgestellt und ausgemauert. Vom Turnverein Seelbach erhielt man Fenster. Zur Deckung der Kosten für Handwerker, die die Halle fertig stellten, wurden an die Mitglieder Anleihscheine verkauft.
Die Einweihung fand an Pfingsten 1929 statt.
In den Jahren 1937/38 geriet der Verein in finanzielle Schwierigkeiten, da noch Schulden für die Halle zu zahlen waren. Man konnte die Anleihescheine nicht so schnell wie erwartet bei den Mitgliedern einlösen. Dringende Reparaturen wurden nötig.
Im Protokoll vom 18.06.1938 ist nachzulesen:
Wir stellten im Januar 1938 an die Gemeinde den Antrag, für die Mitbenutzung der Turnhalle durch die Schule uns jährlich eine Entschädigung von 300,00 RM zu zahlen, damit wir unseren Verpflichtungen nachkommen konnten. Die Gemeinde lehnte diesen Antrag ab, erklärte sich aber bereit, die Halle zu übernehmen.
Im August 1938 wurde die Halle an die Gemeinde übergeben, die auch die Restschulden von RM 9.500,00 übernahm.
Im Jahre 1975 wurde dann die Halle nach der Südseite angebaut.
Nach der Gebietsreform ging das Gebäude in den Besitz der Gemeinde Selters über.
Von nun an spricht man von der Mehrzweckhalle.
In den Jahren 1987 – 1989 wurde die Nordseite unter der Leitung von Karl-Heinz Winter in über 7.000,00 freiwilligen Arbeitsstunden angebaut.
Das Mittelteil besteht heute noch aus den „nagelfreien Balken“ und Steinen die die Mitglieder des Vereins 1928 beim Bau benutzten.
Wieder zurück zum Turnbetrieb:
1929 stritt man sich heftig darüber, ob die männliche und weibliche Jugend gemeinsam oder getrennt Übungsstunden erhalten sollten.
Zum Besuch von Festen in Orte der näheren und weiteren Umgebung schmunzeln wir heute über folgenden Eintrag im Protokollbuch:
Nachdem ein Auto in Augenschein genommen war, wurde der Plan durch vielerlei Ansichten verworfen und ein Wagen mit Pferden vorgezogen……
Die politischen Ereignisse dieser Jahre spiegeln sich auch im Vereinsleben wieder:
Für die Wehrverbände wurden 1934 die Vereinsturnstunden Dienst. Es wurden Einheitssatzungen eingeführt.
Der Vorstand wurde aufgelöst und parlamentarische Grundsätze traten außer Kraft.
Der 1. Vorsitzende wurde vom Gau zum 1. Führer ernannt, der sich seinen Turnrat bestimmte.
1941 musste der Turnbetrieb infolge Einberufungen zur Wehrmacht eingestellt werden.
Am 25.09.1948 fand in der Turnhalle eine „Neubelebungsversammlung“ statt.
Der Turnbetrieb nahm nun eine sehr raschen Aufschwung.
1949 fuhr man z.B. mit 40 Teilnehmern zum Kreiskinderturnfest nach Aumenau, mit 34 Teilnehmern zum Kreisturnfest nach Villmar, wo man 20 Auszeichnungen holte.
Im Jahr 1950 besuchte man mit großem Erfolg das Kreisturnfest in Löhnberg.
Walter Manneschmidt wurde sogar Turnfestsieger.
Im gleichen Jahr fand das Kreiskinderturnfest in Münster statt. Ca. 600 Kinder nahmen daran teil.
Am 26. – 27. April 1952 feierte der Turnverein sein 50 – jähriges Bestehen.
Am Kommers traten u.a. die Musterriege des Turnvereins Hahnstätten, eine Volkstanzgruppe des Pädagogischen Instituts in Weilburg und der Gesangverein „Harmonie“ auf.
In den folgenden Jahren nahm der Turnbetrieb allmählich ab. Einige Heimatvertriebene, die nach dem Krieg nach Münster gekommen waren, wanderten in die Städte ab.
Mit wachsendem Wohlstand nahmen auch die Möglichkeiten der Zerstreuung zu.
Kino, Fernsehen abwandern in andere Vereine (Fußball, später Tennis usw.) ließen die Anzahl der aktiven Turner zurückgehen. Turnen war nicht mehr „in“.
Die wachsende Belastung der Berufstätigen tat ihr nötiges.
Man begann nun (zum ersten mal 1961) Ausflüge zu organisieren.
1966 wurden zum ersten mal, die nun jährlich stattfindenden Ortswettkämpfe ausgetragen.
Der Wettkampftag begann mit leichtathletischen Wettkämpfen, danach erfolgte das Faustballturnier der Ortsvereine.
Ab 1981 wurde dieses Turnier durch zusätzliche Spiele aufgelockert.
Von nun an konnten auch Gruppen am Spielfest teilnehmen.
Ab dem Jahre 1970 führten der Sportverein und der Turnverein erstmals gemeinsam
die Kirmesveranstaltungen in der Turnhalle durch. Vorher wurde die Kirmes von den ortsansässigen Gastwirten veranstaltet.
1971 wurde eine Tischtennisabteilung gegründet, die sich regem Zuspruch erfreute.
1972 nahm man zum erstenmal an einer Punktrunde im Kreis Limburg teil.
Im Jahre 1983 konnte der Verein schon 7 Mannschaften melden.
1987/88 nahmen sogar 10 Teams an den Wettkämpfen teil.
Im Laufe der Jahre nahm die Anzahl der Mannschaften wieder ab.
2002 beteiligen sich immerhin noch 5 Teams am Spielbetrieb. (3 Senioren- eine Jugend- und eine Schülermannschaft).
Im Jahr 1972 wurde eine neue Heizung in der Turnhalle installiert. Vorher war die Halle nur mit Öfen beheizbar. Die Halle war nun das ganze Jahr für den Trainingsbetrieb nutzbar.
1973 wurde vom Turnverein zum erstenmal in Münster eine Volkswanderung durchgeführt.1983 wurde der Wandertag von dem neu gegründeten Verein
„Laubustaler Wanderfreunde“ abgelöst.
1976 gründete man eine Hausfrauenabteilung.
Ohne die tatkräftige Hilfe der Damen, besonders in den achtziger – und neunziger Jahren, wäre so manche Veranstaltung nicht denkbar gewesen.
Vom 16.-20.06.1977 feierte man das 75 – jährige Jubiläum.
Für die Jugend und „Junggebliebenen“ wurde am 16.06.1977 eine Coverband verpflichtet.
Am 17.06.1977 fand ein Spielnachmittag für Kinder und eine Sonnenwendfeier statt.
Der Kommers am 18.06.1977, in einer restlos ausverkauften Halle, war ein voller Erfolg.
Sonntags veranstaltete man ein Spiel ohne Grenzen. Von den eingeladenen 4 Selterser Ortsteilen war lediglich Niederselters angetreten, um gegen zwei Münsterer Mannschaften seine Kräfte zu messen. Es siegte die Mannschaft Münster II.
Nachmittags fand ein viel beachteter Festzug statt.
Dieses Veranstaltungswochenende war zweifellos ein Höhepunkt der 100 – jährigen
Vereinsgeschichte.
1979 war das Geburtsjahr der erfolgreichen Kappensitzungen in Münster.
Der Turnverein veranstaltete gemeinsam mit dem Sportverein die 1. Sitzung.
Bis 1987 wechselte man sich jedes Jahr mit dem Gesangverein und der Freiwilligen Feuerwehr ab. Nach 1987 wurden die Sitzungen von allen vier Vereinen gemeinsam gestaltet.
Mit einer Disco, Kommers und Frühschoppen feierte man vom 01.- 03.10.1982 den 80. Geburtstag des Vereins.
Am 24.10.1992 schrieb das Weilburger Tageblatt:
„Fröhliche Geburtstagsfeier zum 90-jährigen des Turnvereins Münster“
Der 1 Vorsitzende Karl-Heinz Koppel (übrigens seit 1983) gab der Sorge um die Zukunft des Vereins Ausdruck. Immer mehr Menschen fragten nur noch nach dem Nutzen, den der Verein ihnen bringe. Die Bereitschaft, sich zu engagieren, schwinde mehr und mehr, immer seltener fühlten sie sich verantwortlich. Der Verein dürfte nicht nur als Dienstleistungsbetrieb gesehen werden, mahnte Koppel. Auch das
Wir-Gefühl und das Gefühl der Zusammengehörigkeit dürfe im Verein nicht fremd sein. Bei allen Problemen hoffe er aber, der TV könne in zehn Jahren das 100 – jährige Bestehen als starker Verein feiern.
Am 02.10.1996 konnte die Tischtennisabteilung ihr 25 – jähriges Bestehen mit einem gelungenen Abend in der Mehrzweckhalle feiern.
Just in diesem Jahr waren die Mannschaften sehr erfolgreich. Die erste Mannschaft stieg in die Bezirksklasse auf. Die zweite Mannschaft schaffte den Aufstieg in die Kreisliga.
Am 04.-05.05.2002 stellt der Verein alte Fotos, Dokumente und Turngeräte aus der
100 – jährigen Geschichte in der Mehrzweckhalle aus.